Grabenkämpfe auf dem Campus

Universität von Berkeley, Kalifornien: Israelische Soldaten in Uniform patroullieren auf dem Campus und halten alle paar Meter Kommilitonen an: Wo sind deine Papiere? Warum beachtest du nicht die Ausgangssperre? Bist du etwa ein Terrorist? Hände hoch! Aber sowohl die “Palästinenser” als auch die “Israelis” sind in Wirklichkeit Studenten, die “Guerilla-Theater” auf dem Uni-Gelände aufführen - sie protestieren gegen die israelische Besetzung der Westbank und Gaza.

Die Auseinandersetzungen zwischen Israel und den Palästinensern haben ein weiteres Schlachtfeld gefunden: Universitäten in den USA. An zahlreichen Unis, vor allen an traditionell linken Hochburgen wie Berkeley, sind Grabenkämpfe zwischen der Pro- und der Anti-Israel-Fraktion ausgebrochen. In Harvard etwa werden Unterschriften gesammelt: Die Uni soll gezwungen werden, keine Aufträge mehr an Firmen zu erteilen, die Geschäfte mit Israel machen. Die “Desinvestitions"-Idee entstand nach dem Vorbild des Südafrika-Boykotts.

Allerdings ist auch die Pro-Israel-Fraktion nicht zimperlich: Die State University of New York etwa strich der Tagung “Women and War, Peace and Revolution” die Gelder - eine der Referentinnen war Dr. Ruchama Marton, die Präsidentin der Israelischen “Ärzte für Menschenrechte”. Sie galt der Unileitung als zu pro-palästinensisch.

Dass Harvard -- wo bisher 69 Professoren unterschrieben haben -- das Zentrum der Desinvestitions-Kampagne ist, ist kein Zufall. Die Ivy-League-Uni hat den Initiatoren zufolge Aufträge im Wert von 600 Millionen Dollar an Firmen vergeben, die Geschäfte mit Israel machen. Die Initiative ist jedoch umstritten: Harvard-Präsident Lawrence Summers -- früherer US-Finanzminister und selbst jüdischen Glaubens -- klagte während eines Gottesdienstes in der Universitätskirche, dass die Desinvestitions-Kampagne, im Effekt, antisemitisch sei.. Hingegen weisen die Initiatoren darauf hin, dass auch zahlreiche jüdische Studenten und Professoren unterschrieben hätten. “Manche Kinder sehen Geister unter ihrem Bett, und manche Erwachsene sehen Feinde, wo keine sind”, spottete John Womack, Geschichtsprofessor in Harvard. Summers wendet ein, dass manche dieser Anti-Israel-Gruppen Organisationen nahe stünden, die Israel aktiv bekämpfen, etwa der Hamas..

Ähnliche Auseinandersetzungen toben auch an der Bostoner Alma Mater Tufts, der University of Texas, der Cornell-University, der State University of Michigan und mehr als 50 weiteren Lehranstalten. An den kalifornischen Universitäten haben bereits 7000 Studenten und Mitglieder der Fakultät zugunsten der Desinvesitions-Kampagne unterschrieben. In Princeton zirkuliert eine Liste von Firmen, die Geschäfte in Israel machen, darunter General Electric, IBM und McDonald’s. Es gibt auch eine Gegen-Unterschriftenliste, bei der tausende unterschrieben haben.

Nun hat die Pro-Israel-Organisation “Middle East Forum” eine Website eingerichtet, auf der Namen, Funktionen, und Dossiers über Professoren aufgelistet wurden, die dem Forum als anti-israelisch gelten (www.campus-watch.org). Das “Middle East"-Forum forderte sogar Studenten auf, Namen von palästinafreundlichen Professoren zu liefern. Nach Protesten über den “Rückfall in die McCarthy-Ära” -- und einem Bericht der New York Times -- wurden die Dossiers zwar gelöscht, die Websites gibt es aber noch. Die Anti-Defamation-League hat seit dem Mittelost-Konflikt einen Anstieg des Antisemitismus in den USA um ein Drittel verzeichnet: 35 Prozent aller Amerikaner haben Vorurteile gegen Juden. Allerdings sei Antisemitismus an den Unis mit drei Prozent am niedrigsten.

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